Ersatzhandlungen und Leerlaufprozesse
Mittwoch, 7. Dezember 2005

Absolut total unzufrieden

Autorreifen sind schwarz, rund und haben ein Loch in der Mitte, wo die Felge reinkommt. Da hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Es gibt Sommerreifen, Winterreifen, Noträder, Rallyereifen, Energiesparreifen, Breitreifen, Reifen für Alufelgen und und und. Und: das in zigtausend verschiedenen hochgradig kryptisch benannten Größen. Ich weiß jedenfalls nicht, wofür "155/65 R 14 75 T" steht. Aber dafür gibt es ja Fachleute, sollte man meinen; Fachleute, die bei vorgelegtem Fahrzeugschein dann auch dazu in der Lage sind, (m)einem Twingo die richtigen Winterstiefel anzuziehen.

Weil Auto noch verhältnismäßig neu, Versicherung zickig und überhaupt Vorsicht Porzellankistenmutter, ich also letzte Woche zu ATU in der Köpenicker Straße gefahren. Morgens hingebracht, abends abgeholt, 348 Kronen gelöhnt und dann noch schwitzend die Sommerreifen in den Keller verbracht. "So!" dachte ich, "der Winter kann kommen."

Dieser Herr war wohl auch bei ATU. Was dann kam, war eine ganz banale Kurve. Und ein komisches Geräusch: schrappschrappschrapp. Äh? War doch vorher nicht da? Na, egal. Was solls. Sobald ich wieder geradeaus fuhr, war das Geschrappe weg, war wohl doch nicht so wichtig. In der nächsten Kurve dann jedoch wieder schrappschrappschrapp. Das beunruhigte mich nun doch, und messerscharf stellte ich eine Kausalverbindung her: Geräusch durch neue Winterreifen.

Man hat ja sonst nichts zu tun, und die Köpenicker Straße liegt ja auch in einer extra kuscheligen Gegend, da ist es doch ein Quell steter Freude, da noch einmal hinzuschrappschrappschrappen und bewaffnet mit Fahrzeugschein und Rechnung auf das Geräusch der Woche hinzuweisen. Der Mensch am Thresen nimmts locker und die Auftragsverwaltungssoftware in den Augenschein: "Ach, ich weiß, da ist der Kollege in der Zeile verrutscht. Sehen Sie, der hat aus Versehen 165/70 R 15 ausgewählt. Das ist natürlich ein bisschen zu groß für den Twingo."

Ganz toll.

Man muss diesem Rotkittel zu Gute halten, dass er nach etwas fadenscheinigen Rechtfertigungen à la Hektik und "kann mal passieren, sollte zwar nicht, aber niemand ist unfehlbar etc." sich entschuldigt und dafür sorgt, dass mein Auto als nächstes in die Werkstatt kommt. Dafür macht nicht nur die zickige Kassiererin den Eindruck wieder zunichte, indem sie mit einer derartig impertinenten Pampigkeit den Auftrag storniert, als wäre es meine Schuld, wenn ihr Kollege des Lesens nicht so ganz kundig ist. Auch, dass ich nach über einer Stunde Wartezeit das Auto noch nicht mit neuen richtigen Reifen wieder mitnehmen kann, erhöht meine Begeisterung nicht gerade. Aber dass es dann noch nicht einmal für die kleinste Geste der Kulanz reicht, sei es ein Giveaway oder ein kleiner Preisnachlass - das ist wirklich schwach.

Letzten Endes habe ich dann gegenüber Renault-Werkstatt-Preisen ca. 60 Euro gespart. Macht man aber eine Kotzen-Nutzen-Rechnung auf, die den Zeitverlust und das ärgerliche Hin und Her berücksichtigt, wäre ich bei einer anderen Werkstatt wohl besser gefahren.

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