Ersatzhandlungen und Leerlaufprozesse

Musikantenstadl on rail

Die Riesenmaschine berichtet über einen (leider etwas ungeschickten, daher missglückten und wieder eingestampften) Versuch der Zürcher Verkehrsbetriebe, mittels Verbotsaufklebern dem Musizieren in Bahnen Einhalt zu gebieten. Offensichtlich gehen dort vorwiegend (Pseudo-?)Mexikaner dieser Erwerbstätigkeit nach, denn das bemängelte und murrend entfernte Verbotszeichen zeigte eine Figur mit Sombrero, Zickzackpullover und G(u)itarre.

In Berlin hingegen würde ein solches Verbotszeichen (das m.E. dringend eingeführt werden sollte) wohl eher ungeschlachte Osteuropäer zeigen, denn die Andenmusikkombinate sind mir noch nicht in S- und U-Bahn begegnet. Dieses Geschäft ist eindeutig in der Hand sinistrer Ostblockabkömmlinge, die von morgens bis abends die S-Bahn zwischen Friedrichstraße und Zoo beackern - und IMMER das gleiche "spielen".

Immer, immer, immer. Scheelen Blickes steigen sie ein, wickeln verschwörerisch ihre Klampfe und ihr Saxophon aus den entsprechenden Hüllen und geben ein Pop-Potpourri aus Schlager-Evergreens, die ungut ineinander fließen, sich wie das Schmalz im Gehörgang festsetzen und tinitusartig noch Stunden später immer wieder ins Bewusstsein blubbern.

Frage Eins: Wieso gibt es immer noch Leute, die diesen Gossenmuckern immer noch Geld geben? Kann das Gejaule wirklich irgend jemand gut finden?

Frage Zwei: Wieso spielen die immer immer immer denselben Schrott, ohne erkennbare Tendenz zur Perfektion? Wird denen das nicht irgendwann selbst langweilig?

Frage Drei: Wann wird endlich der absolut geräuschmüllresistente Kopfhörer auf den Markt geworfen, auf dass ich ihn erwerbe, an meinen iPod anschließe und fortan dem Musikterror entgehe?

Frage Vier: Woher wissen die Musikmutanten, wann Kontrolleure kommen? Es ist in meinem Beisein noch nie zu einer Konfrontation zwischen diesen beiden unangenehmen Daseinsformen gekommen. Also, Berliner S-Bahn: schickt doch mal die Fahrscheingestapo das Service- und Kontrollpersonal morgens um halb zehn in die Stadtbahn. Dann träfe es vielleicht mal die richtigen.

"Schönes Wochenende!"

Man müsste mal Samstag Nachmittag im Supermarkt folgende Dinge aufs Kassenband legen: 2 Flaschen hochprozentigen Fusel 3-4 Billige Porno-Zeitschriften 1 Fernsehzeitschrift 2 Tüten Erdnussflipps der Haus-Eigenmarke 1 die billigste Dosensuppe aus dem Sortiment (oder gar Hundefutter) 1 Packung Pflaster 1 Einwegfeuerzeug

Würde die Kassiererin bzw. der Kassierer einem trotzdem mechanisch "Schönes Wochenende" wünschen?

Und was wird einem eigentlich in einer Apotheke gewünscht, wenn man dort Medikamente gegen wirklich fiese Sachen holt? "Trotzdem schönes Wochenende"? "Gute Besserung und s.W."?

Sozologen, Ihr seid gefragt. "Vom Wunsch zu Floskel: 'Schönes Wochenende' in der Alltagssprache", das wäre doch ein superduper Magisterarbeitsthema.

Tod auf dem Nil

Er hatte wohl irgend eine psychische Störung, der Herr, oder er war ganz arg betrunken. Seinen Namen weiß ich, brabbelte er ihn doch laut genug vor sich hin - gestern Abend in der Straßenbahn. Ziemlich unzusammenhängende Satzfragmente, aus denen zu entnehmen war, dass er als Garten- und Landschaftsbauer für das Unternehmen "Gegenbauer Bosse" tätig war, scheint gerade rausgeschmissen worden zu sein. Springt auf, steht stramm, nölt "Ich hab einen runden Rücken, für Euch habe ich geschuftet!", setzt sich wieder hin, wedelt mit einem Wisch, brummelt weiter. Sein Vater läge seit 8 Jahren unter der Erde, eines Tages werden sie die Macht übernehmen, dann werden Wölfe gegen Wölfe kämpfen - unklar das ganze.

Und dann zieht er sich aus der Latztasche seiner gegenbauergrauen Latzhose eine Zigarettenschachtel der Intellektuellenmarke "NIL" und kommentiert den Gesundheitswarnhinweis mit "Tod auf dem Nil".

Brillant.

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