Ersatzhandlungen und Leerlaufprozesse
Mittwoch, 31. Mai 2006

Wo, bitte, geht's nach Ägypten?

„Weltpremiere“ dröhnt das Plakat zur Ausstellung „Ägyptens versunkene Schätze“ im Martin-Gropius-Bau. Regenwetter und Provinzbesuch verleiteten mich Montag Vormittag zum Besuch dortselbst. Auch ein paar andere Leute hatten diese orginelle Idee, sodass vor dem Kulturgenuss erst einmal Wartezeit auf dem Programm stand: Vorm Gebäude, vor der Kasse, vor dem Einlass. (Wie sich später herausstellte, schmolzen die Schlangen zur Mittagszeit ab; Ungeduldigen sei ein Erscheinen gegen 13 Uhr empfohlen.)

Die üppige Ausstattung der Ausstellung mit Vorschusslorbeern lässt natürlich eine gewissen Erwartungshaltung aufkommen, die durch die strunzlangweiligen und trockenen Audiokommentare gleich etwas getrübt wird. Dafür, dass im wesentlichen beschrieben wird, was zu sehen ist, lohnt es nicht, 4 Euro zusätzlich abzudrücken und sich die ganze Zeit ein Zwitterwesen aus Fernbedienung und Mobiltelefon gegen die Ohrmuschel zu pressen.

Den Besucher umfängt zunächst eine Art Unterwasserathmosphäre, die Wände sind mit flächendeckenden Projektionen oder Fotos von Ausgrabungsstellen unter Wasser bedeckt; kleine Monitore zeigen Drei-Minuten-Schnipsel der Ausgrabungsarbeit und beschallen den Raum mit Tauchgeblubber. Zu sehen gibt es Sphinxe ohne Köpfe, Köpfe ohne Sphinx drunter, Schmuck, Münzen, Hausrat, diverses Equipment für okkulte Rituale und Herrscherdarstellungen vom Westentaschenformat bis zum Fünfmetermonster.

So schieben sich denn die Scharen an den Exponanten mit und ohne Vitrine drumherum vorbei, bestaunen Kopten und Kästchen, Hieroglyphen und Dortoglyphen, und beachtlich ist es natürlich schon, was Cheftaucher und Unterwasserarchäologe Franck Goddio nebst Team da den trüben Fluten des Nildeltas entrissen hat. Allein: Der die Ausstellung begleitende Bohei, was für eine Sensation dies doch sei, scheint überzogen. Man muss wohl im Vorfeld die Fernsehdokumentation zur Ausgrabung gesehen haben, um die präsentierten Exponate gebührend würdigen zu können; ohne dieses Wissen ist es „Yet another Ägyptenausstellung“. Von der Action, die angeblich geboten werde, von der Mischung aus Ausgrabungsabenteuer und Altertumsdarstellung, mit der die Berliner Zeitung für die Ausstellung wirbt, ist jedenfalls nicht viel zu merken. Und sehenswertere Exponate aus der Pharaonenzeit gibt es im Alten Museum allemal zu bestaunen.

„Ägyptens versunkene Schätze“: zwar nicht unbedingt viel Lärm um nichts, aber doch mehr Schein als Sein.

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